Die Windmühle Südhemmern ist nicht nur in der Gemeinde Hille ein sehenswertes Ausflugsziel; sie wird vor allem an den Mahl- und Backtagen von vielen auswärtigen Besucherinnen und Besuchern angesteuert.
Da können durchaus im Laufe eines Tages bis an die tausend Personen ein- und ausgehen. Das hat vielerlei Gründe. Zum einen ist es die Möglichkeit, sie sowohl per Schiff über den Mittellandkanal als auch mit der Museumseisenbahn oder aber per Auto zu erreichen. Viele nehmen sie auch als Station einer Fahrradtour. Des Weiteren gibt es hier natürlich die Möglichkeit, sich in einer ländlich beschaulichen Umgebung eines harmonischen Gebäudekomplexes mit selbstgebackenem Kuchen oder einem Mühlenbrot zu stärken.
Im Mittelpunkt von allem steht die Windmühle. Dort werden Führungen von fachkundigen Mitgliedern der Mühlengruppe Südhemmern durchgeführt und auch immer gern angenommen. Herbert Kracht als Mitglied der Mühlengruppe und seine Kollegen beantworten hier gern die Fragen der Gäste. Die Mühlengruppe wird von dem Vorsitzenden Andreas Schneider geleitet.
Die Windmühle Südhemmern wurde im Jahre 1831 als Wall-Holländer errichtet. Ursprünglich konnte die Mühle mit einem Pferdefuhrwerk zum Be- und Entladen durchfahren werden. War das Korn erst einmal in der Mühle, fing die Arbeit des Müllers an. Das war in früherer Zeit sehr mühsam.
Bis zum Einzug der Elektrizität nach Ende des Ersten Weltkriegs sorgte eine Dampfmaschine, die mit Kohle betrieben wurde, für die nötige Energie, wenn nicht genügend Wind vorhanden war. Als dann im Jahre 1921 die Dampfmaschine durch einen elektrischen Motor ersetzt wurde, bedeutete das einen großen Fortschritt. Hierzu erzählt Herr Kracht eine kleine Anekdote: „Oftmals, wenn der Müller den Motor startete, gab es Stromschwankungen, denn die Stromversorgung war seinerzeit nicht mit der heutigen zu vergleichen. Wenn dann in der Umgebung das Licht in den Häusern flackerte, wusste man gleich Bescheid: In der Mühle wird gemahlen.“
Bislang gab es zwei Mahlgänge, und zwar einen zum Schroten und einen für die Erzeugung von Mehl. Der dritte Mahlgang wird für die Herstellung von Graupen genutzt. Er kann sowohl durch Wind als auch per Motor betrieben werden. Da jedoch der Motor seit der Aufgabe des akti-ven Mühlenbetrie-bes Ende der 50er Jahren nicht mehr genutzt wurden und in einer Ecke der Mühle sein Dasein fristete, beschränkte man sich bislang auf zwei Mahlgänge.
Durch die Unterstützung des Mühlenbauhofes, einiger Sponsoren und nicht zuletzt des Hiller Unternehmers Thorsten Klein, gelang es, dem 100 Jahre alten Motor wieder neues Leben einzuhauchen. Thorsten Klein legte dabei äußersten Wert darauf, den Motor so authentisch wie möglich zu restaurieren. Der gesamte Motor wurde von ihm in alle Einzelteile zerlegt und gereinigt. Die Wicklungen des Motors wurden im Originalzustand gesäubert und imprägniert. „Das war eine spannende Angelegenheit, was sich so alles in den Zwischenräumen des Motors versteckt hielt. Neben Staub und Körnern kamen auch einige Mäuseskelette zum Vorschein,“ berichtet Thorsten Klein.
Der Motor entspricht jetzt der VDE-Norm und kann mit 380 Volt Starkstrom betrieben werden.
Unter diesen optimalen technischen Voraussetzungen wäre es schön, wenn im Jahr 2022 wieder ein normales Mühlenleben herrschen könnte. Das heißt, es sind jeweils am zweiten Sonntag eines Monats von April bis Oktober Mahl- und Backtage geplant. Darüber hinaus ist die Mühle am Deutschen Mühlentag (Pfingstmontag) sowie am Kreismühlentag (letzter Sonntag im August) geöffnet. Zusätzlich lädt die Heimatstube in der oberen Etage des Müllerhauses zur Besichtigung alter Handwerkskunst ein.
Als langfristiges Ziel hat die Mühlengruppe die Öffnung der Durchfahrt im unteren Teil der Mühle im Auge. Außerdem soll ein Teil des Erdwalls abgetragen und umgestaltet werden, um den ursprünglichen Zustand des Kohlenbunkers wieder herzustellen. Es bleibt spannend, was demnächst rund um die Mühle passiert. Sicher spielt hier auch die Entwicklung der Corona-Pandemie eine Rolle.
Darüber hinaus freut sich die Mühlengruppe natürlich über neue Mitglieder, denn auch hier zollt das Alter seinen Preis. Herbert Kracht betont, dass die Organisation der Mahl- und Backtage zwar Arbeit bedeutet; aber auch viel Freude zurückkommt und alle abends mit einem Gefühl der Zufriedenheit nach Hause gehen.
PM: Hiller Anzeiger, 03.02.2022 – Fotos: Mühlengruppe