Von Hille aus ins All Faszinierende Mondlandschaften erkunden oder fremde Galaxien aufspüren: Jugendliche und Sternenfreunde können künftig an der Kreis-Schulsternwarte auf astronomische Entdeckungstouren gehen. Der Trägerverein feierte jetzt mit rund 70 Gästen die Eröffnung.
An einem der dunkelsten Orte in Nordrhein-Westfalen, am Hiller Badesee, strahlten die Verantwortlichen jetzt um die Wette: Die neue Schulsternwarte des Kreises Minden-Lübbecke steht. Es war und ist ein ambitioniertes und digitales Vorzeigeprojekt, gestartet in 2019, in dem viel Herzblut und Kraft von Ehrenamtlichen steckt, unterstützt und gefördert von einem großen Kreis. „Wir hatten immer viele an unserer Seite, die an uns glaubten, trotz mancher Hürden, die wir nehmen mussten“, so Vorstandsvorsitzender Michael Meister in seiner Begrüßung. „Wir haben gefühlt wirklich alles mitgenommen, was einem Bauherrn passieren kann.“ Ob Baukostenexplosionen bei Beton und Stahl, die eine Neuplanung erforderten und das Projekt schrumpfen ließen, ob Schäden bei schon verlegten Kabeln oder Stauwasser in der Baugrube. Doch nun ist es soweit: Die erste Bauphase ist beendet, die Schulsternwarte des Kreises ist fast fertig, mit top-moderner, digitaler Technik für den naturwissenschaftlichen Unterricht, mit einem Spiegel-Teleskop, das den Deep Sky-Blick ins tiefe Universum ermöglicht, alles computergesteuert.
„Das war von Anfang unser Ziel: junge Menschen für Naturwissenschaften zu begeistern, indem wir ganz praktisch Naturwissenschaften zum Anfassen bieten“, betonte Michael Meister seiner Begrüßung. „Wir sind dankbar und stolz, dass wir es geschafft haben, mit der Unterstützung vieler.“ Im Namen aller Vorstandsmitglieder mit Oliver Wetter, Lars Böker, Stefan van Lier und André Bell dankte er allen Förderern und Unterstützern. „Jetzt ist es an der Zeit, alles das, was Sie mit uns zusammen geleistet haben, an unsere Kinder weiter zu geben.“ Im Fokus des Angebots stehen die Schulen. Doch auch weitere astronomisch Interessierte sollen später in den Genuss von Himmelserkundungen kommen: „Wir sind zwar keine Volkssternwarte, sondern eine Schulsternwarte“, erläutert Professor Oliver Wetter vom Vorstand. „Das ist der Vereinszweck, und dafür haben wir die Genehmigung erhalten. Doch hin und wieder möchte der Verein allen Sternenfreunden den Blick ins faszinierende Weltall ermöglichen.“ Angedacht sind derzeit Veranstaltungen gemeinsam mit der Volkshochschule.
Landrat Ali Dogan hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Schulsternwarte hervor: „Ich bin begeistert von dem, was hier geschaffen worden ist.“ Er betonte den Wert des Lernens außerhalb der Schule, an Orten, an dem man Dinge anpacken und begreifen kann. Das sei hier möglich, auf eine faszinierende Art und Weise. „Das plastische Lernen vor Ort wird immer wichtiger, und hier wird digitales Lernen und Wissenschaft perfekt verknüpft.“ So etwas müsste noch mehr gefördert werden. Dogan zeigte sich beeindruckt vom ehrenamtlichen Engagement, das dieses Projekt überhaupt erst ermöglichte. „Es ist der Kitt unserer Gesellschaft. Und was das bewegt, zeigt sich hier auf beeindruckende Weise.“
Hilles Bürgermeister Michael Schweiß freute sich, dass die Sternwarte in Hille ihr Zuhause findet, aufgrund der geringen Lichtverschmutzung. „Es ist ein Ort, der für alle im Kreis gedacht ist, und vielleicht auch mal darüber hinaus.“ Der Vorstand dankte auch Michael Schweiß: „Wir sind hier in Hille von der ersten Stunde an mit unseren Ideen auf offene Ohren gestoßen und hatten sogar ganz fix eine eigene Hausnummer“, richtete Michael Meister dankende Worte an die Gemeinde Hille.
Meister unterstrich, dass ohne die vielen Ehrenamtlichen die Sternwarte, so wie sie heute hier steht, nicht möglich gewesen wäre. Von Bodenproben über Zeichnungen hin zu Planungen, Ausschreibungen, Aufbauten oder Schweißarbeiten – all das übernahmen freiwillige Helfer. Eine Person hob er heraus: Student Mick Koch, der im Rahmen eines dualen Studiums am Campus Minden nicht nur den Turm plante, sondern auch kräftig mitanpackte. Gemeinsam mit Freunden und deren Großfahrzeugen von landwirtschaftlichen Betrieben rollten sie in einer Nacht- und Nebelaktion mal so eben 350 Kubikmeter Erde weg. „Allein das ersparte uns einen vierstelligen Betrag“, so Michael Meister. Großen Dank richtete er auch an alle Förderer, die immer an das Projekt glaubten und es von Anfang an unterstützen. Die Baukosten der jetzt abgeschlossenen ersten Bauphase inklusive der astronomischen Erstausstattung betrugen rund 220 000 Euro und wurden zu zwei Dritteln vom Land und der Rest aus Eigenmitteln bzw. von privaten Förderern erbracht.
Nun kann es bald losgehen: Die astronomische Kern-Ausrüstung ist installiert und durfte von den Gästen schon in Augenschein genommen werden. Das Herzstück: hoch oben in luftigen sechs Meter Höhe auf dem Beobachtungsturm das Spiegelteleskop mit einer Brennweite von 3200 mm – damit lässt sich unvorstellbar weit ins All blicken, Millionen von Lichtjahren. Aber auch der Blick vom Beobachtungsturm aus in den freien Nachthimmel ist – im Gegensatz zu einer klassischen Kuppel mit nur schmalem Sichtschlitz – faszinierend. Die abendlichen Besucher der sich anschließenden 1. Hiller Sternennacht durften das erleben. Nach einem deftigen Regenguss zeigte der Himmel ein Einsehen, das Schiebedach auf dem Turm konnte beiseitegeschoben werden. Das Ergebnis: ein herrlicher Ausblick nach oben und rundum bis an den Horizont hinaus in den sommerlichen Sternenhimmel.Zwei Container als Lern- und Aufenthaltsraum stehen unten am Boden – von hier aus lässt sich das Teleskop steuern, und dank moderner Software lassen sich die Aufnahmen bearbeiten und später dann auch auswerten.
Und obwohl noch einige bauliche Kleinigkeiten, etwa hundert, zu erledigen sind: Der Anlass für die Eröffnung an diesem Tag war natürlich: das Universum. Die Perseiden, ein herrlicher Strom von Sternschnuppen, hatten in dieser Nacht ihr Maximum und zogen über die Schulsternwarte am Hiller Badesee hinweg – der Grund für die 1. Hiller Sternennacht, organisiert von der Gemeinde Hille. Wer es sich gemütlich gemacht hatte, bei chilliger Musik am Badesee, wurde belohnt mit schönen Sternschnuppen, die sich teils lang hinstreckten und über wenige Sekunden hell und deutlich zu erkennen waren.
Quelle:Claudia Dirschauer
für das Team der
Schulsternwarte Minden-Lübbecke e. V.
Foto: Schulsternwarte Minden-Lübbecke