Wenn der Druck (zu) groß wird – psychosoziale Herausforderungen in der Landwirtschaft

    Malte Bock, Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung, hatte die Wirtschaftspsychologin Angela Buhne (r.) und die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann (l.) für eine Veranstaltung im Bürgerhaus Espelkamp gewinnen können.
    Malte Bock, Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung, hatte die Wirtschaftspsychologin Angela Buhne (r.) und die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann (l.) für eine Veranstaltung im Bürgerhaus Espelkamp gewinnen können.

    Landwirte kennen keine psychischen Fehlbelastungen? Irrtum! Das Regionalbüro Westfalen der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. hatte unter dem Titel „Wenn der Druck (zu) groß wird – psychosoziale Herausforderungen in der Landwirtschaft“ am Samstag zu einem Gesprächsforum in das Bürgerhaus Espelkamp eingeladen.

    „Wir möchten durch unsere Arbeit zur Diskussion über gesellschaftspolitische Themen beitragen“, erklärte Malte Bock, Referent im Regionalbüro Westfalen. Und dazu gehörten nun einmal auch ernste und schwierige Themen. Dass die psychosozialen Herausforderungen in der Landwirtschaft solch ein ernstes Thema sind, bescheinigte die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann gleich zu Beginn der Veranstaltung. „Wir müssen dieses Thema verstärkt in die Öffentlichkeit tragen“, so die Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion im Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. 

    Statistisch gesehen nehme die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland kontinuierlich ab. Die Krankmeldungen aufgrund psychischer Belastungen stiegen hingegen an. Erschreckend sei die Zahl der vermehrten Suizide unter Landwirtinnen und Landwirten. In einem Impulsvortrag bestätigte die Wirtschaftspsychologin und Mitglied der Geschäftsleitung der DEULA-Westfalen-Lippe, Angela Buhne, dass speziell Landwirtinnen und Landwirte sehr wohl unter psychischen Fehlbelastungen litten. „Burnout gibt es auch in unserem Berufsstand“, erklärten zugleich Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Publikum.

    Angela Buhne hat selbst Einzelinterviews mit Betroffenen geführt. Sie nannte als Auslöser für psychische Erkrankungen gleich mehrere Faktoren: Eine hohe Arbeitsbelastung, unklare Einkommensverhältnisse, keine Einigkeit unter den Berufskollegen, die ständige öffentliche Auseinandersetzung, Bedrohungen bis hin zu Anschlägen, politische Eingriffe, wenig Zeit für private Kontakte, ein Pflichtgefühl zur Betriebsübernahme aus Tradition.

    Es müsse ein Hilfenetz und konkrete Unterstützungsmöglichkeiten für Landwirtinnen und Landwirte geschaffen und Burnout zum Thema gemacht werden. Landwirtinnen und Landwirte müssten aber auch von sich aus handeln. „Sie benötigen ein verändertes Selbstverständnis“, so die Wirtschaftspsychologin. Sie müssten von sich aus Arbeit abgeben können, sich an die Digitalisierung und veränderte Arbeitsbedingungen und Kompetenzen anpassen. Gegenseitige Achtsamkeit sei gefragt. Außerdem müsste jungen Menschen während ihrer Ausbildung „eine realistische Tätigkeitsvorschau“ vermittelt werden. Die Gesellschaft brauche darüber hinaus ein realistisches Bild von der modernen Landwirtschaft. Der Landwirt dürfe „kein Feindbild“ sein. Genau hier hakte auch die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann ein. „Wir müssen mit gesundem Menschenverstand entgegentreten.“ Hilfsangebote an Betroffene auszuweiten, sei ein wichtiger Schritt, genauso, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen für Betriebe schaffe und das Bewusstsein in Gesellschaft für die wichtige Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte stärke.

    Besonders über die gewachsenen Herausforderungen sowie die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen wurde im Anschluss mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Gesprächsforums der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgiebig diskutiert.  

    Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Malte Bock, 03.11.2021